Am 20. Oktober 2024 wird in Basel-Stadt ein neuer Grosser Rat gewählt. In der laufenden Legislatur sind die Mehrheitsverhältnisse und damit viele Entscheidungen knapp. Die Fraktion der Grünliberalen Partei ist mit ihren 8 Sitzen oft das Zünglein an der Waage, da weder der bürgerliche Block mit 43 von 100 Sitzen noch der linke Block mit 48 von 100 Sitzen über eine Mehrheit verfügen. Aufgrund dieser Ausgangslage sind Verschiebungen der Mehrheitsverhältnisse möglich und von grosser Bedeutung. Meinungsumfragen gibt es nicht. Sie wären auch nicht sehr aussagekräftig, da kleine Veränderungen grosse Auswirkungen auf die Sitzverteilung haben können. Das Einzige, was wir, die wir alle dem Wahlabend entgegenfiebern, jetzt tun können, ist, die Ergebnisse von vor vier Jahren zu analysieren und mögliche Szenarien durchzuspielen.

Trennung mit ungewissem Ausgang

Die spannendste Veränderung ist sicherlich, dass die Grünen und Basta! als zwei eigenständige Parteien antreten. Können sie damit ein breiteres Wählerpotenzial ansprechen und das Rekordergebnis von 2020 wiederholen oder gar verbessern? Entscheidend wird auch sein, in welchem Verhältnis sich die Stimmen auf die beiden Parteien verteilen. Kleine Verschiebungen können schnell zu Sitzverlusten oder -gewinnen führen. (Wobei Verluste in den von mir getesteten Szenarien wahrscheinlicher waren).

Knapper Ausgang in mehreren Wahlkreisen

Knappe Sitzentscheide gab es 2020 eine ganze Reihe. Im Wahlkreis Grossbasel-Ost fehlten der GLP nur 560 Listenstimmen für einen dritten Sitz. Ein nicht unwesentlicher Teil dieses Ergebnisses dürfte aber auf Esther Keller zurückzuführen sein, die mit 3869 Stimmen mehr als dreimal so viele Stimmen wie der zweitplatzierte Tobias Christ erzielte.

Im Wahlkreis Grossbasel-West verlor die SP Basel-Stadt knapp ihren 12. Sitz. Auch die FDP schrammte relativ knapp an einem dritten Sitz vorbei (es fehlten nur 976 Listenstimmen).

Im Kleinbasel fehlten der EVP nur 223 Listenstimmen für einen Sitz. Auch die SVP verpasste einen dritten Sitz nur knapp.

Panaschierstimmen können einen Einfluss haben

Bei knappen Rennen können auch Panaschierstimmen einen Einfluss haben. Grössere Parteien verlieren hier tendenziell mehr Listenstimmen. Insbesondere wird es spannend sein zu beobachten, ob die nun rund 200 statt bisher rund 100 Kandidat:innen der Grünen und der Basta zu mehr Panaschierverlusten führen. Im Jahr 2020 führten die Nettopanschierverluste der SP beispielsweise dazu, dass der 12. Sitz der SP in Grossbasel-West an die LDP verloren ging, welche sonst einen Sitz weniger gehabt hätte.

Webtool für die Sitzberechnung

Aus Faszination an solchen hypothetischen Szenarien habe ich ein Open Source Webtool entwickelt, mit dem jeder Interessierte seine wahrscheinlichen oder realistischen Szenarien durchspielen kann. Ich würde mich über jedes Feedback freuen, auch wenn jemand einen Fehler entdeckt.

Die ganze Situation ist noch sehr unklar. Am 20. Oktober werden wir sehen, wessen Wunschszenario sich durchsetzt. Bis dahin wünsche ich allen Beteiligten einen guten Wahlkampf.

(Als Hinweis gilt es anzumerken, dass der Autor dieses Artikels keine neutrale Perspektive einnimmt und selber auf Liste 5 für den Grossen Rat kandidiert 😊. Die Zahlen sollten natürlich trotzdem stimmen.)